Game: Ambermoon
Entwickler: Thalion
Plattform: Amiga
Genre: Rollenspiel
Release: 1993
Ambermoon: Das Maß aller Dinge
Die Arbeiten zu Ambermoon, dem Nachfolger von Amberstar, begannen schon 1991. Na ja, eigentlich schon mit Amberstar, da Designer Karsten (Köper) da bereits schon die RPG-Editoren programmiert hatte, auf die später auch Ambermoon zurückgreifen sollte. Allerdings hat er die dann doch von grundauf neu gemacht, sonst wäre die Ähnlichkeit zwischen den beiden Ambers einfach zu groß gewesen, und das wollten wir nicht. Unglaublich, dass wir dieses Mammutprojekt mit nur acht Leuten gestemmt haben; so viele sind heute allein mit dem Menü beschäftigt. Mit dabei waren Karsten Köper (Design), Jurie Hornemann (Programmierung), Michael Bittner (Co-Programming), Thorsten Mutschall, Monika Krawinkel und Henk Nieborg (Grafik), Erik Simon (Entwicklungsleitung und zusätzliche Grafiken) und ich. Und - wir waren ja in der Zeit zum Teil auch noch mit anderen Projekten beschäftigt, zum Beispiel mit Lionheart. Trotzdem hatten wir große Pläne: "Wir wollen endlich mal ein wirklich perfektes Actionspiel für den Amiga entwickeln - sowohl mit ansprechender Grafik und mitreißendem Sound, als auch mit einer Spielbarkeit, die sich vor der japanischen Konkurrenz nicht zu verstecken braucht." - erklärte Erik gegenüber der Presse und setzte uns so noch ein bisschen mehr unter Druck. Aber unter Druck waren wir eh immer am besten. Erwin und Henk zum Beispiel hatten das erste halbe Jahr bei Thalion sogar in ihren Büros auf Matratzen geschlafen und bei Erik geduscht; bei dem Arbeitspensum lohnte eine eigene Wohnung gar nicht (und außerdem hatten sie auch gar nicht das Geld dazu). Ja, wir waren damals schon ziemliche Idealisten :-)
Die Musik zu Ambermoon
Mit der Musik zu Ambermoon begann ich zeitgleich mit der von Lionheart. Der Vertrag ist zwar auf den 10.08.1992 datiert (wo Ambermoon noch "Amberstar 2" hieß, aber ich erinnere mich, dass ich schon ein paar Wochen/Monate eher die ersten musikalischen Versuche gestartet hatte. Mein Standarspruch damals war "Ich fang schon mal an, Vertrag können wir ja später machen und über die Bezahlung werden wir uns schon irgendwie einigen." Damit bin ich eigentlich (fast) immer gut gefahren. Nach heutigen Maßstäben war die Bezahlung damals natürlich nicht gerade berauschend: 3.500 Mark gab es - für (am Ende) 35 Tracks plus tonnenweise Effekte. Aber ich war zufrieden - vermutlich hätte ich auch ganz ohne Bezahlung gearbeitet, einfach, weil es Spaß machte und ich mich mit dem Team super verstanden hatte. Dass das keine Selbstveständlichkeit ist, habe ich später dann hin und wieder auch erfahren müssen.
Download Ambermoon Sonic Arranger Songs
Genau wie bei Lionheart nutzte ich für Ambermoon den Sonic Arranger
von Carsten Schlothe, Branko Mikic und Carsten Herbst. Der hatte den Vorteil, dass er - wie die ganzen Tracker auch - auch gesampelte Instrumente abspielen konnte, aber eben auch eigene synthetische Sounds erzeugte, die dann wesentlich platzsparender waren. Nur so konnten wir überhaupt die Masse an Songs unterbringen. Am Ende wurden es dann trotzdem 10 Disketten. Ohne Festplatte wurde manda zum DJ.
Die Originalfiles (mit der Endung .sa) könnt Ihr übrigens hier herunterladen:
Musikalisch bekam ich von Erik keine großen Vorgaben. Ich hatte einfach drauflos komponiert und ihm die Sachen dann jeweils auf Diskette von Berlin nach Gütersloh geschickt. Drei Tage später kam dann sein Anruf und seine stets fundierte Kritik, was er geändert haben wollte. Oder ob er die Songs überhaupt wollte. Oft kam auch sein gefürchtetes "Find ich klasse, braucht aber noch zu viel Speicher." Worauf ich dann ein weiteres Sample durch synthetische Sounds ersetzte oder ein Sample noch weiter runterrechnete und fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte. Aber am Ende waren wir dann immer alle zufrieden.
Was die meisten Spieler ja nicht wissen: Die Arbeit an den Soundeffekten ist viel zeitaufwendiger als die an der Musik. Dabei liefen die vertraglich so "nebenher" und wurden gar nicht extra erwähnt - waren also eigentlich unbezahlt. Trotzdem saß ich manchmal tagelang an den immer neuen Soundlisten, die Erik mir schickte. Sprichwörtlich legendär ist inzwischen sein "Feuerspeiender Drache, der einen Wagen mit Holzrädern durch Schlamm zieht". Was schon mit den heutigen technischen Möglichkeiten und Datenbanken eine Tagesaufgabe wäre, damals aber - wo die Effekte nicht länger als einige Bytes waren - fast schon unlösbar war. Auf mein "Wie soll ich das denn machen?" kam von Erik auch nur ein lapidares "Dein Problem, Du bist der Musiker, lass Dir halt was einfallen." Hab ich dann auch.
Ambermoon war das Ende
Ambermoon war dann der letzte Titel von Thalion. Zum einen, weil uns die Raubkopierer den Stinkefinger zeigten und sich das Game (wie Lionheart auch) trotz grandioser Kritiken nicht oft genug verkaufte, um das Team und neue Projekte zu finanzieren, zum anderen aber auch, weil Henk und Erwin zu Psygnosis wechselten, nachdem sie sich mit Willi Carmincke überworfen hatten. der nämlich hatte von den beiden verlangt, ihren Weihnachtsurlaub zu Hause in den Niederlanden bzw. in Österreich zu streichen und weiter an Ambermoon in Gütersloh zu arbeiten - und das, nachdem die beiden ohnehin schon die Monate davor kaum noch vom Monitor weggekommen waren und sich nur noch mit dem Gedanken an den Heimaturlaub über Wasser gehalten hatten. Nach dem Release von Ambermoon waren die beiden dann weg, Erik ging mit einem Großteil des Restteams dann zu Blue Byte nach Mülheim. Blöd für Thalion, gut für mich - denn ich bekam in der Folgezeit dann sowohl Aufträge von Blue byte (Albion, Siedler 4) als auch von Psygnosis (Flink).
Ambermoon: Darum geht es
"In Ambermoon spielt man den Enkel des Helden aus Amberstar. Der Großvater des Spielers erzählt zu Beginn des Spieles, dass in einem Traum sein totgeglaubter Gefährte zu ihm gesprochen und vor einer neuen Gefahr für Lyramion gewarnt habe. Also schickt er den Spieler auf eine Reise nach Newlake, damit dieser dort mit dem Gefährten reden soll.
Während der Abenteuer bereist der Spieler nicht nur die Lyramionischen Inseln, sondern auch die Monde dieser Welt. Die Spielwelt ist für damalige Verhältnisse riesig. Man trifft auf jede Menge Leute, von denen einige zu Gefährten des Spielers werden.
Die Grafik ist eine Mischung aus 2D-Iso-Perspektive (Außenwelt und in vielen Gebäuden) und 3D-Ego-Perspektive (Dungeons, spezielle Gebäude, Städte). Der Kampf erfolgt rundenweise und ist vor einer statischen Kulisse aufwändig animiert (vor allem die Zaubersprüche).
Die für damalige Verhältnisse sehr gute Grafik, die große Anzahl von Gegnern, Orten und die ungewöhnliche Größe der Spielwelt machten neun Disketten (+ eine Speicherdiskette) notwendig. Da Festplatten für den Amiga kaum verbreitet waren, mussten beim Spielen (insbesondere vor den Kampfszenen) viele Diskettenwechsel und dementsprechend lange Ladezeiten in Kauf genommen werden.
Kenner der Spiele von Thalion konnten viele Verweise zu anderen Spielen finden. So konnte die Hauptfigur aus Lionheart angeworben werden, ebenso der Hauptgegner aus Amberstar. Durch ein Dimensionstor gelangt man kurz in die Welt des Spiels Dragonflight." (aus Wikipedia)
Trilogie? PC Version?
Die Amber-Saga war von Anfang an als Trilogie geplant. Durch den Weggang von Erwin und Henk und durch das Ende von Thalion wurde ein offizieller dritter Teil aber nie in Angriff genommen. Allerdings flossen zahlreiche Ideen und Konzepte in "Albion" ein, das Erik mit einem Teil des Thalion Teams nach seinem Wechsel zu Blue Byte realisierte.
Eine PC-Version dagegen war tatsächlich mal in Arbeit. Ich erinnere mich daran, dass ich einige Musiken bereits in MIDI konvertiert hatte - und daran, dass das Projekt nach dem Ende von Thalion von einem anderen Geldgeber finanziert werden sollte (keine Ahnung mehr, wer das war. Erik, falls Du das liest - lass es mich doch mal wissen). Allerdings schliefen die Arbeiten dann wegen permanenter Finanzierungsfragen und Ungewissheit bei den Rechten irgendwann ein.
So urteilte damals die Presse
"Fabelhaft! Seit mehr als einem Jahr warte ich nun schon auf die Endversion von Ambermoon und es wollte einfach nicht fertig werden. Als ich im September '92 das erste Mal die 3D-Routine bewundern durfte, kippte ich fast vom Stuhl. Nun endlich darf ich auch auf meinem Amiga durch die Dungeons marschieren, wie es PC-User in der Unterwelt schon lange tun. Eine kleine Einschränkung muss ich allerdings machen: Ohne Festplatte wird das Spielen zur absoluten Qual, doch wer spielt Underworld denn ohne Festplatte?" - Amiga Games November 93
- 93% (Sound: 83%)
Das komplette Review lest ihr hier:
"Grafik und Animation sind außerordentlich gelungen (...) Imgesamten Spiel untermalen viele Musikstücke das Geschehen und prägen die stimmungsvolle Atmosphäre" - Play Time Dezember 1993
- 93% (Sound: 90%)
Das komplette Review lest ihr hier:
"Ambermoon ist das tolle Ergebnis einer gut durchdachten und konsequent umgesetzten Idee. Das Spiel setzt in puncto Rollenspiel auf dem Amiga einen neuen Standard. Das mag sich jetzt hochtrabend anhören, aber Ihr könnt es getrost nachprüfen. Nicht nur die gute Story, auch die ganze Stimmung rund um das Spiel ist genial. Ich bin sonst vorsichtig mit großartigen Worten, aber Ambermoon hat mich einfach hingerissen." - ASM, Februar 1994 - 11 von 12 (Sound: 10 von 12)
Das komplette Review gibt es hier:
"Tja, bliebe nur noch der Sound, und hier erweist sich Matthias Steinwachs als würdiger Nachfolger von Guru Jochen Hippel. Ehrlich, selbst nach Tagen ununterbrochenen Spielens hört man seine diversen Melodien immer noch gern; lässt sich einem Musikus ein schöneres Kompliment machen? Und noch ein Kompliment an die gesamte Thalion-Crew: Selten hatten wir einen Hit im Heft, bei dem durch das wohlbedachte Zusammenspiel so vieler Faktoren ein so harmonischer Gesamteindruck entstand. Mann, wir sind ja jetzt schon so gespannt auf den nächsten Teil der "ultimativen" Rollenspiel-Saga aus deutschen Landen!" - Amiga Joker November 93, 85% (Sound: 81%)
Das komplette Review gibt es hier:
"Alle Achtung: Besser kann man ein Rollenspiel für die Amiga-Familie wohl kaum noch machen. Karsten, Eric, Jury & Co. haben sich in den letzten zwei Jahren sichtlich nicht auf den Amberstar-Lorbeeren ausgeruht, sondern die Bernstein-Saga konsequent weiterentwickelt. Schon bevor Ultima Underworld die Rollenspielwelt komplett umkrempelte, zeigten die Kellerkünstler von Thalion der staunenden Fachwelt ("Wie habt Ihr denn das gemacht ?") sanft scrollende 3-D-Dungeons auf Commodores Flagschiff." (...) Aber nicht nur in technischer Hinsicht zeigt Ambermoon der Konkurrenz gehörig die Zähne: Die spannende und streckenweise recht humorvolle Geschichte hat echte Romanqualität. Da übersieht man gerne den streckenweise recht deutlichen Einfluß fernöstlicher Rollenspielperlen wie Final Fantasy. Bleibt zu hoffen, daß die Amiga-Gemeinde den Aufwand auch gebührend honoriert und Ambermoon kauft. - Sonst könnte es passieren, daß Thalion umsattelt, und der dritte Teil der Bernsteinsaga nur noch für den PC erscheint. - Power Play Dezember 1993, 88%
Das komplette Review gibt es hier:
Die komplette Musik von Ambermoon
Intro Ambermoon
Ambermoon Lets Play
Links
Mobygames: https://www.mobygames.com/game/ambermoon