Tropico
Starship Insektenklatsche
„Wählt El Presidente! Wählt Tropico 6! Sonst….“ Ja, sonst verpasst Ihr ein richtig gutes und vor allem wieder ziemlich witziges Aufbauspiel. Nachdem die letzten drei Teile des Diktator-Simulation noch vom bulgarischen Entwicklerstudio Haemimont Games produziert worden waren, zeichnet nun das deutsche Studio Limbic Entertainment für Teil 6 verantwortlich, in dem sich einige Anno-Veteranen versammelt haben. Leute mit einschlägiger Erfahrung also, eine gute Wahl.
(Copyright: Kalypso)
Neues Studio, vertrauter Humor
Das Entwicklerstudio mag neu sein, der Humor ist aber noch ganz der alte – eben Tropico-typisch. Unverändert sind natürlich auch die Grundprinzipien des Spiels: Als Diktator eines Inselstaates baut ihr über vier Zeitepochen hinweg Wohn- und Produktionsgebäude, bastelt an der Infrastruktur, kümmert euch um Wirtschaft, Politik und Diplomatie, sammelt oder produziert Rohstoffe, zettelt Intrigen an und haltet Euer Volk entweder bei Laune oder in Schach – gerade, wie ihr so drauf seid.
(Copyright: Kalypso)
Mehr Inseln! Mehr Auswahl! Mehr verrückte Missionen! Und Weltwunder!
Größter Unterschied zum Vorgänger: Statt nur eine Insel verwaltet ihr nun einen ganzen Inselverbund. Da heißt es erst mal Tunnel, Transporthäfen und Brücken bauen. Der große Vorteil dabei ist, dass es nun einfacher ist, Bereiche zu trennen: Zum Beispiel eine Insel für die Schwerindustrie, eine andere für den Tourismus, so kommen die sich nicht ins Gehege und alle sind glücklich.
Geändert hat sich auch ein wenig die Kampagnenstruktur. Ihr müsst nicht mehr chronologisch eine Mission nach der anderen abarbeiten, sondern habt etwas mehr Auswahl, was ihr als nächstes machen wollt. Apropos Missionen: Die sind so verrückt wie eh und je. Da muss El Presidente dann zum Beispiel zum Piratenkönig werden, um die Ansprüche der britischen Krone zu erfüllen oder will unbedingt ein Weltklasse-Baseballteam haben. Wer da nicht mitspielen will, wird eben kurzerhand entführt. Manche Leute muss man eben zu ihrem Glück zwingen.
Ein neues Feature sind auch die Weltwunder a la Civilization. Die müsst ihr nicht unbedingt selber bauen, sondern könnt sie auch einfach anderen Nationen klauen lassen. Die bringen dann individuelle Boni: Die Pyramide von Gizeh lässt eure Arbeiter eifriger werden, Neuschwanstein lockt Touristen an und Stonehenge lässt Bäume wachsen.
Sonst noch was? Ja klar: Ein Broker dealt für euch in der Schweiz mit Schwarzgeld, es gibt neue Transportmöglichkeiten wie etwa Seilbahnen, das Forschungssystem wurde überarbeitet, Blaupausen für neue Gebäude sind sofort verfügbar und die beliebten Wahlreden sind zurück, in denen El Presidente nach euren Vorgaben wilde Versprechung macht.
(Copyright: Kalypso)
Von Wahlen und Fraktionen
Natürlich müsst ihr das Volk nicht wählen lassen. Ihr könnt Widersacher auch einfach in den Knast oder in die Klapse stecken lassen. Oder – falls euch doch der Sinn nach Wahlen steht – selbige so manipulieren, dass ihr in jedem Fall gewinnt. Ihr seid El Presidente.
Wollt ihr es aber etwas demokratischer angehen, solltet ihr euch stets um die Wünsche der einzelnen Fraktionen im Staat kümmern – Kapitalisten, Kommunisten, Kirche, Intellektuelle, Umweltschützer oder Militär haben da so ihre eigenen Vorstellungen und Ansprüche, die oft im krassen Gegensatz stehen. Wer etwa die freie Ehe gestattet, gewinnt zwar bei den Touristen, bekommt aber Stress mit der Kirche – usw.
(Copyright: Kalypso)
Hier und da etwas dünn
Der Präsidenten-Editor zu Beginn des Spiels ist dieses Mal etwas dünn ausgefallen. Da könnt ihr euch zwar optisch austoben – von Mafiaboss über die Fidel-Castro-Version bis hin zum Pharao ist da alles möglich – die wählbaren Charaktereigenschaften sind aber jetzt überschaubar. Und konnten wir in Teil 4 noch selber die Art der Machtergreifung auswählen und gab es in Tropico 5 eine Dynastie aus mehreren Familienmitgliedern, so bleiben Tropico 6 und El Presidente da eher blass.
Das gilt auch für andere Aspekte des Games: Die militärische Komponente wirkt oberflächlich und uninspiriert, das Interface ist stellenweise etwas unübersichtlich und bei den Verbesserungen am Palast wurde Potential verschenkt, sind die doch rein optischer Natur.
(Copyright: Kalypso)
Fazit
Grafisch kann sich Tropico 6 wirklich sehen lassen, die Unreal 4 Engine bringt die Tropen farbenfroh und detailliert zum Leuchten. Zusammen mit der gelungenen, witzigen Sprachausgabe und der schönen Karibik-Musik gibt’s da die Höchstnote für die Technik. Ob Kampagne, Endlosspiel oder Vierer-Multiplayer: Tropico 6 überzeugt mit unendlichen Möglichkeiten, schwarzem Humor, frischen Ideen und einem komplexen Politiksystem. Wirtschaftlich nicht ganz so tiefgründig wie die Konkurrenz, aber anders genug, um lange Zeit gut zu unterhalten.
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