Review 190813 Silver Chains

Silver Chains

Peter allein im Haus...

 Hat jemand eigentlich mal mitgezählt, wie viele Horror-Games damit beginnen, dass der Held der Geschichte an einem verlassenen, herunter gekommenen Haus ankommt? Wo der gesunde Menschenverstand - und der Überlebenswille - einem sagen „Lauf weit, lauf schnell, aber dreh dich nicht um“? Aber geh auf keinen Fall, niemals nie nicht in dieses Haus? Jede Menge Resident Evil ist jedenfalls dabei. Und jetzt auch Silver Chains.
Horror aus dem Rezeptbuch

Auch hier beginnt das Game damit, dass unser Held namens Peter vor einer verlassenen Villa aufwacht. Warum? Ein paar Indizien deuten auf einen Autounfall, was aber auch nicht weiter wichtig ist. Jedenfalls wird Peter ohnmächtig und wacht in der Villa wieder auf. Horror - nehme deinen Lauf.

Eigentlich lässt das Game auch  sonst kein Genre-Klischee aus. Natürlich kann Peter sich erst mal an kaum etwas erinnern, natürlich spukt dort ein Geist herum, vor dem ihr dann immer wieder mal panisch flüchten und verstecken müsst, und natürlich darf auch eine sprechende Marionette nicht fehlen. Dinge gehen plötzlich in Flammen auf, andere poltern irgendwo herunter, Türen öffnen sich so knarrend, wie es nur Türen in Geistervillen können, es gibt Spieluhren, die bedrohlich vor sich hin klimpern, während das Klavierspiel von Donnergrollen untermalt wird - ja, hier gibt es das volle Programm an tausendfach bewährten Horrorzutaten.

Gute Horror-Story. Leider nur zu Beginn.

Das alles jedenfalls bildet die Kulisse für eine anfangs durchaus interessante und auch schön gruselige Geschichte. Wie eingangs erwähnt, kommt Peter im Inneren der Villa in einem staubigen Schlafzimmer, umgeben von Puppenteilen, die an Schnüren von der Decke hängen, wieder zu sich. Klare Sache: Da will er weg. Blöd nur, dass sich das Anwesen als ein Labyrinth aus verschlossenen Türen und festen Backsteinmauern entpuppt. Nach und nach finden sich Tagebuchseiten, die darüber Aufschluss geben, was sich in diesem Haus ereignet hat - und warum es jetzt leer steht. Ohne zu viel verraten zu wollen: Es geht um eine Familie mit ihren drei Kindern, um ein seltsames Kindermädchen und um - sagen wir mal „ungewöhnliche“ Vorkommnisse, die sich seit ihrem Auftauchen ereigneten. Und als Peter dann seinen Namen ins Holz eingeritzt findet, bekommt die Sache für ihn auch eine persönliche Note. Gerade zu Anfang wird so tatsächlich eine intensive, gespenstische Atmo aufgebaut. Peter muss ein Ritual absolvieren, um das Haus und seine Geister-Bewohner von dem Fluch zu befreien. Stück für Stück enthüllt er die Geheimnisse, durchforscht das Haus und stößt dabei immer wieder auf wohldosierte Schreckensmomente.

Stark angefangen, dann aber lässt es nach

Das alles verflacht allerdings mit zunehmender Spieldauer. Der ständige Einsatz von (nicht vertonten) Texten nimmt Tempo aus dem Spiel, für die Rätsel müssen wir wieder und wieder sämtliche Räume abklappern und mit dem magischen Monokel wird die Hinweissuche unnötig einfach. Und auch der anfangs noch schreckliche Ghoul, der uns durch das Haus hetzt, wird schnell berechenbar. Kündigt er sich durch seine markante Musik an, geht’s einfach ab in den nächsten Schrank (wovon es mehr als genug gibt), wo wir dann abwarten, bis der dünnhäutige Kollege wieder abzieht.
Logische Rätsel und unlogische Designentscheidungen

Zum Lösen der Rätsel müssen wir Gegenstände sammeln und an anderer Stelle wieder einsetzen. Was zumeist nicht sonderlich kompliziert, dafür aber immer nachvollziehbar und logisch ist. Weniger logisch ist, dass manche Türen erst verschlossen sind, um dann später plötzlich offen zu sein. Oder dass Freund Peter zuweilen anscheinend nicht in der Lage ist, über selbst kleinste Hindernisse zu steigen (und uns so zu Umwegen zwingt), dann aber wieder mühelos über andere, wesentlich größere Objekte klettert.

Und auch die recht langen Ladezeiten nach einem Bildschirmtod und - mit gerade mal 3-5 Stunden - arg kurze Spielzeit lösen beim Spieler nun ebenfalls nicht gerade Begeisterungsstürme aus. Genau wie - Achtung Spoiler - die doch etwas enttäuschende Auflösung am Ende.

Technisch (fast) alles sauber

Technisch hingegen hinterlässt Silver Chains - bis auf einige Performance-Probleme - einen guten Eindruck. Die Schauplätze sind detailliert und hübsch gestaltet, das Sounddesign gibt sich redlich Mühe, seinen Teil zur Horror-Atmo beizutragen und die englischen Sprecher machen einen ordentlichen Job, dürften sich aber auch gerne mal öfter zu Wort melden.
Fazit

Silver Chains startet verheißungsvoll, verliert dann aber an Tempo und Spannung und tappt immer wieder in die Wiederholungsfalle, um am Ende zu enttäuschen. Kann man spielen - muss man aber echt nicht.
Game: Silver Chains
Genre: Horror-Adventure
Release: 06.08.2019 (PC (Steam))
Entwickler/Publisher: Cracked Heads / Headup Games
USK: k.A.
Sprachausgabe/Texte: Englisch /Deutsch
Webseite: https://www.headupgames.com/game/silver-chains

Wertung: 5 von 10

                                                           Bildergalerie
                       Trailer:
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