Review 190517 Rage 2

Rage 2

Der brachiale Riesenspaß mit den verschenkten Möglichkeiten

Vor rund acht Jahren versuchte id-Software mit Rage erstmals, die ausgetretenen Shooter-Pfade aus dunklen Räumen und Dauerballerei gepaart mit fetten Monstern und Nazi-Schergen zu verlassen. Prinzipiell war der Versuch ja auch gar nicht so schlecht: Da gab es Autorennen, eine offene Spielwelt, Quests, NPCs mit denen man sich tatsächlich unterhalten konnte, weil die plötzlich nicht mehr nur grunzen konnten - eben weg von Doom, hin zu Fallout und Mad Max.

Aber es schien so, als hätte man sich damals dann doch ein wenig verhoben. Die belanglose und unlogische Geschichte jedenfalls plätscherte uninspiriert vor sich hin, viele Quests waren nur bedingt interessant, die Autorennen lustig, aber recht schnell eigentlich überflüssig, weil es nichts mehr zu holen gab. Dafür war dann aber die Action wieder mal einzigartig, fett, grandios inszeniert - da war und ist id Software einfach nicht zu schlagen.

Jetzt folgt also der zweite Anlauf. Und damit der auch wirklich auch neben der Action mehr Substanz bekommt, holte man sich noch die schwedischen Avalanche Studios mit ins Boot, die mit Mad Max oder Just Cause ja nun schon einiges an erfolgreichen Open World-Spielen vorzuweisen haben. Genau genommen sollten die sogar einen Großteil der Arbeit erledigen. Da konnte ja kaum noch was schief gehen mit „Rage 2“. Oder etwa doch?


(Copyright: Bethesda)
Wir schreiben das Jahr 2029+100+30. Oder so.

Rage 2 spielt 30 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils. Wir erinnern uns (oder auch nicht): Im Jahr 2029 war ein Asteroid auf der Erde eingeschlagen und hatte selbige ziemlich verwüstet. Rund 100 Jahre später kämpften wir dann im ersten Teil von Rage als Marine Nicholas Raine im Projekt Arche in der postapokalyptischen Welt für Recht und Ordnung
.
Nun, in Rage 2 und 30 Jahre später, sind die Archen reaktiviert und ist das einstige Ödland wenigstens stellenweise wieder begrünt. Was aber einigen Übelmeiern so gar nicht passt, die lieber selber die Macht übernehmen wollen. Allen voran General Cross, ein kybernetisch gepimpter Unsympath, der mit seiner Organisation „Die Obrigkeit“ gleich zu Spielbeginn mal einen Krieg vom Zaun bricht.

Und diese Säuberung beginnt - was für ein Zufall - ausgerechnet mit Eurer Basis, wo ihr als Ranger Walker stationiert seid. Ok, genau genommen seid ihr erstmal kein Walker, aber als ein Kollege im Eifer des Gefechts das Zeitliche segnet, schnappt ihr euch kurzerhand dessen Rüstung und übernehmt der Einfachheit halber auch gleich seinen Job.

Danach ist aber Schluss mit Sentimentalitäten. Immerhin hat General Cross im Zuge seines Überfalls auch Walkers Tante Prowley erledigt, die aber nun nicht nur seine Tante, sondern obendrein auch sein Befehlshaber war. Und das geht natürlich gar nicht, da gibt’s nur eins: Rache und Rübe runter. Wenn man Walkers Flüche und Drohungen mal in Kurzform bringen will.


Spielt doch mal draußen, Kinder!

An der Stelle  ist das Tutorial beendet und ihr dürft raus ins Ödland. Und weil das ziemlich groß ist, bekommt unser Held sein eigenes Auto. Das übrigens K.I.T.T. mäßig quasseln kann. Na ja. Kam bei Knight Rider irgendwie cooler. Egal. Dort draußen gilt es dann, drei Leute zu finden, die Ihr vermutlich noch aus dem ersten Teil kennt. Nämlich: John Marshal, Doktor Quasir und Loosum Hagar. Sie gehören alle drei zum Projekt Deggar, mit dem „Die Obrigkeit“ aufgehalten werden soll. Für die müsst Ihr dann natürlich wie gewohnt jeweils mehrere Missionen erledigt, bevor es schließlich zur finalen Schlacht gegen die Obrigkeit kommt.
 

(Copyright: Bethesda)
Gute Hauptmissionen, ödes Ödland

Die Hauptmissionen gehören mit ihren kleinen Überraschungen und schrägen Figuren zu den Highlights des Games, davon hätten wir gerne mehr gehabt. Abseits davon aber macht das Ödland - das übrigens recht groß ist - seinem Namen aber alle Ehre und wartet mit viel ödem Sammelkram und sich öfter mal wiederholenden Neben-Aktivitäten, wie Banditen-Camps ausheben, Wachtürme zerstören oder Straßensperren abräumen. Macht alles Laune, ist aber auf Dauer dann doch etwas ermüdend, auch weil die irgendwann alle gleich aussehen.

Und auch die Spielewelt hat noch viel Luft nach oben. Die glänzt zwar mit abwechslungsreichen Vegetationszonen und schöner Weitsicht, ist aber fast komplett leblos-tot, kaum Tiere oder NPCs, auch wechselndes Wetter gibt es nicht. Kommt Leute, das ist inzwischen doch echt Standard. Immerhin gibt’s aber ein paar Ortschaften, wo dann deutlich mehr los ist.

Ab in die Arche & Action

Neue Superkräfte und Spezialfähigkeiten, die Nanotriten, findet Ihr den Archen, wo Ihr sie auch gleich mal trainieren könnt. Dazu gehören dann Sachen wie Doppelsprung, Röntgenblick, Selbst-Wiederbelebung, Kugelabwehr mit Energiebarriere oder Druckwellen verballern. Das ist schon verdammt cool, potenziert es doch die Möglichkeiten, Gegner fantasie- und eindrucksvoll aus dem Weg zu räumen.

Überhaupt, die Action. Die ist auch in Teil 2 wieder über jeden Zweifel erhaben, wunderbar und einfallsreich übertrieben inszeniert, mit einem Doom-ähnlichen Waffenarsenal mit witzigen alternativen Feuermodi angereichert, mit wuchtigen Schießereien, wahnwitzigem Tempo, fliegenden Körperteilen und komplett durchgedrehten Gegnern, die allesamt schon morgens kräftig an der Frolic-Wasserpfeife genuckelt zu haben scheinen.
 

(Copyright: Bethesda)
Fahrzeuge? Och ja. Danke.

Da verzeiht man dem Game fast die übrigen Schwächen und Nachlässigkeiten, ärgert sich dann aber trotzdem ein wenig, dass Rage 2 da nicht doch noch ein bisschen mehr rausgeholt hat. Wie zum Beispiel bei den fahrbaren Untersätzen. Davon gibt’s zwar eine ganze Menge, aber außer dem Heli und dem quasselnden, schwer bewaffneten Phönix braucht man eh keinen. Ganz abgesehen davon, dass die sich steuern wie ein Schluck Wasser in der Kurve.
 
 
(Copyright: Bethesda)
Und eine Prise Rollenspiel

Ein bisschen Rollenspiel gibt’s dann auch: Gewonnene Fortschrittspunkte stecken wir in die vier Talentbäume, auch die die Waffen lassen sich Upgraden - das hält die Motivationsspirale trotz ödem Ödland in Bewegung. Die Minispiele aus Teil 1 indes wurden ebenso ersatzlos gestrichen wie der Multiplayer.

(Copyright: Bethesda)
Fazit

Als Shooter ist Rage 2 ein brachialer Riesenspaß voller irrer Ideen und Tempo. Der Rest aber wie Story, Nebenaufgaben oder Open-World-Aktivitäten fällt dagegen deutlich ab und wirkt fast schon ein wenig gezwungen - da verschenkt das Game einiges an Möglichkeiten. Aber egal: Wer einfach nur mal eine Runde fett rumballern und dabei seinen Spaß haben will, kommt hier trotzdem auf seine Kosten.

Game: Rage 2

Genre: Shooter

Release: 14.05.2019 (PS4, Xbox One, PC)

Entwickler/Publisher: Avalanche Studios (id Software) / Bethesda

USK: ab 18

Sprachausgabe/Texte: Deutsch /Deutsch

Webseite: https://bethesda.net/de/game/rage2

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