Hades
Wo das Sterben zum guten Ton gehört...
Eines der besten Rogue-like-Games der letzten Jahre – im Herbst letzten Jahres für PC und Switch erschienen – ist jetzt endlich auch für PS4 und Xbox One, aber auch PS5 und Xbox Series zu haben. Der Indie-Titel „Hades“ – bzw. „Heydies“, wenn man ihn englisch ausspricht – von Supergiant Games hatte im letzten Jahr mal so richtig abgeräumt, mit feinster Action, guten Typen und cleverem Storytelling. Hat das Game auf den Nextgen-Konsolen noch einmal einen drauflegen können?
(Copyright: Supergiant Games)
Mythologie für Anfänger
Die Story dürfte – zumindest zu Beginn – jedem Freund der griechischen Mythologie einige Magenschmerzen bereiten, verkauft sie hier doch Zagreus, den Helden des Spiels, kurzerhand als Sohn des Hades, dem Gott der Unterwelt. Aber gut, dass Zagreus ja nun eigentlich der Sohn des Zeus ist, der – in Form einer Schlange – die eigene Tochter (nämlich Persephone) schwängerte, wäre bei den amerikanischen Sittenwächtern vermutlich auf heftigen Widerstand gestoßen.
Um die Sache mit der echten Zagreus-Geschichte eben noch kurz zu Ende zu bringen: Zeus versteckte Zagreus – der sich übrigens in jedes x-beliebige Tier verwandeln konnte – aus Angst vor seiner eifersüchtigen Gattin Hera in einer Höhle, doch wurde er durch eine List von den Titanen herausgelockt. Die rissen ihn in sieben Stücke, kochten die Teile und aßen sie auf. Worauf Zeus die Titanen erschlug und aus deren Schlamm dann Prometheus den Menschen formte. Bildungsfernsehen Ende.
(Copyright: Supergiant Games)
Junior zieht aus
Zurück zum Game. Hier ist Zagreus wie gesagt der Sohn des Hades. Der, wie wir alle wissen, der Bruder des Zeus ist und bei dem Persophone – in die er sich verknallt hatte – immer im Winter wohnt. Sorry, ich kann es einfach nicht lassen. Also, Zagreus, Unterwelt, Hades. Zagreus hat nun keinen Bock mehr auf die Hölle und seinen Job als Prinz der Finsternis. Er will lieber Party, Sonne und einen tiefergelegten Golf. Oder was auch immer. Und deshalb: Nichts wie weg.
Nun ist es aber nicht so, dass die Unterwelt einen Notausgang hätte, aus dem man sich einfach so verkrümeln kann. Nein, die Unterwelt ist ein weit verzweigtes, lebensfeindliches Labyrinth, bewohnt von einer Menge schräger Typen, die allesamt im Sold des Hades stehen und Zagreus daher das Leben bzw. die Flucht ziemlich schwer machen. Weshalb dann auch der erste Versuch schnell kläglich scheitert. Zagreus stirbt. Game over? Nee, nicht doch, Sterben ist quasi Volkssport in der Unterwelt.
Und auch Papa Hades – der nicht sonderlich gut auf seinen Filius zu sprechen ist, sich ständig über sein angeblich unordentliches Zimmer beschwert und ihn für einen ziemlichen Loser hält – spart nicht mit Spott. Aber Zagreus lässt sich nicht unterkriegen. Auf ein neues.
(Copyright: Supergiant Games)
Gameplay und so
Womit der Inhalt des Games auch schon beschrieben wäre: Ihr kämpft euch durch die vier Ebenen der Unterwelt – die wie heißen? Na? Tartaros, Asphodelische Gefilde, Elysion und Erebos, plus der Tempel von Styx, das Tor zur Unterwelt. Bitte bis morgen lernen, ich frag das ab. Wo war ich? Genau, ihr kämpft euch durch die Unterwelt und sterbt am Ende zuverlässig. Was Zagreus mit Fassung trägt. „Ich bin wieder zu Hause“ ruft er munter bei der nächsten Auferstehung.
Was aber für den Spieler an sich recht frustrierend wäre. Aber: Bei jedem Durchlauf sammelt jede Menge Krempel ein, mit dem ihr eure Waffen und eure Fähigkeiten auf Dauer upgraden könnt, auch schaltet ihr nach und nach neue Waffen frei. So 100% Rogue-like ist Hades also nicht – und das ist gut so. Zudem hat es sich Stinkstiefel Hades mit der kompletten Verwandtschaft verscherzt. Die nämlich ist ganz wild darauf, Zagreus bei seinen Fluchtversuchen unter die Arme zu greifen. Und die allesamt ziemlich cool und gechillt rüberkommen. Daidalos spendiert einen Hammer, Artemis einen Jagdbogen und Poseidon gute Wünsche und die Kraft der Wellen.
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Rogue like Lite
Und natürlich lernt ihr auch mit jedem Mal dazu, kennt mit der Zeit die Eigenarten eurer Gegner und deren Bosse, und werdet besser mit euren Waffen. Nun ja, zumindest solltet ihr das, wenn ihr nicht völlige Controller-Noobs seid. Und selbst für die gibt es noch Hoffnung: Schaltet ihr nämlich den God Mode ein, seid ihr zwar nicht unverwundbar, doch dafür wächst eure Widerstandskraft bei jedem neuerlichen Durchgang um zwei Prozent an, bis ihr – nach 40 mal Sterben – das mögliche Maximum von 80 Prozent Resistance erreicht habt. Also, damit sollte es dann ja wohl jeder schaffen.
(Copyright: Supergiant Games)
Der Preis ist heiß – welches Tor darf es denn sein?
Damit es aber nun nicht zu leicht – und nicht zu langweilig – wird, ändern sich die Level bei jedem Durchgang – neues Raumlayout, andere Gegner-Kombinationen und so weiter. Auswendig lernen nach dem wenn-dann-Prinzip ist also nicht, da ist schon etwas mehr Geschick gefragt. Habt ihr einen Raum von Gegnern gesäubert, stehen meist mehrere Türen zur Wahl, durch die es weitergeht. Die Symbole darauf verraten dann, welche Extras ihr dahinter erwarten dürft.
(Copyright: Supergiant Games)
Krass gute Kämpfe
Bei den Kämpfen geht so richtig die Post ab, ausruhen ist da keine Option. Blitzschnelle Attacken, superfastes Dashing aus der Gefahrenzone, abwechslungsreiche Moves und Kombos, dazu Fallen, die ihr für eure Zwecke nutzen könnt und vieles mehr. Die Treffer fühlen sich gut, die Steuerung ist exakt und schnell. Jede der sechs Waffen – also Bogen, Schwert, Speer, Kampfhandschuh, Wurfschild oder Fantasy-Knarre – hat ein eigenes Tempo und erfordert einen eigenen Style, später könnt ihr auch mehrere Extras pro Waffe freischalten – was das Kampfgeschehen noch weiter aufwertet.
(Copyright: Supergiant Games)
Feine Technik
Hades spielt sich aber nicht nur fantastisch, sondern sieht auch noch ebenso gut aus. Der bunte Comicstil wird auf den Nextgen-Konsolen in knackescharfem 4K und höherer Bildrate als auf den anderen Systemen präsentiert, was die ganze Sache dann noch einen Ticken schöner macht, aber auch auf PS4 und Xbox One geht’s mit 1080p und 60 fps noch sehr ansehnlich zu. Nur schade, dass da die Möglichkeiten des DualSense-Controllers bei der PS5 nicht ausgereizt werden. Aber dafür entschädigt dann der klasse Soundtrack und die witzige englische Sprachausgabe.
(Copyright: Supergiant Games)
Story und Extras
Eigentlich wäre ich jetzt ja am Ende angekommen, aber halt: Hades hat sogar eine recht ordentlich Story, die ich auch nicht unerwähnt lassen, aber natürlich auch nicht groß verraten will. Es geht um Familiengeschichten und um Gestalten der griechischen Mythologie, die zum Teil plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen. Das alles gibt’s häppchenweise, bei jedem Durchlauf einen Nachschlag – das motiviert zusätzlich.
Genau wie die Möglichkeit, unsere Hades-Zentrale durch unterwegs erbeutete Edelsteine immer weiter auszubauen. Zum Teil hat das rein kosmetischen Charakter, zum Teil sind die Ausbauten aber auch durchaus funktional. Außerdem könnt ihr andere Charaktere beschenken, um den Freundschaftslevel zu steigern und ihnen so wertvolle Extras aus den Rippen zu leiern, euch mit anderen Gestalten unterhalten oder sogar eine kleine Romanze mit ihnen beginnen oder euren dreiköpfigen Zerberus streicheln. Was wiederum eurem Papa gar nicht passt.
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Fazit
Rogue-like Games waren bisher ja nicht so wirklich mein Ding, dazu liegt meine Frustschwelle einfach zu niedrig. An Hades aber hatte ich wider Erwarten Spaß satt, weil es ihm immer wieder gelang, mich zu einem neuen Durchlauf zu motivieren. Die Kämpfe sind wunderbar flüssig, die Figuren und die Dialoge teilweise erstaunlich witzig, die Story fesselnd und das ganze Drumherum herrlich einfallsreich, weil gespickt mit vielen Überraschungen. Ein großartiges Game, nicht nur für Action-Profis, und auf den Nextgen-Maschinen noch einmal ein Stück besser.
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