A Plague Tale Requiem
Verdammte Pest...
Im Mai 2019 erschien A Plague Tale: Innocence und erwies sich als echter Überraschungshit. Mittelalter, Frankreich, eine fürchterliche Rattenplage, die Pest, dazu mit Amicia eine junge Heldin – das verkaufte sich millionenfach und begeisterte die Kritiker. Eine geheimnisvolle Krankheit hatte den kleinen Hugo erwischt, die „Prima Makula“, der dadurch besondere Kräfte entwickelte und damit auch unbeabsichtigt der Urheber der Rattenplage war – was bald dunkle Mächte wie die Inquisition auf den Plan rief, die ihn aus dem Verkehr ziehen wollte.
Am Ende aber konnte seine Schwester Amicia ihn retten und die Rattenplage eindämmen. Ende gut, alles gut? Hätte man denken können, aber nun ist die Fortsetzung A Plague Tale: Requiem erschienen, die noch einen obendrauf setzt.
(Copyright: Asobo / Focus Home)
Darum geht’s: So startet Requiem
Dabei sieht zu Beginn doch alles nach Friede, Freude, Eierkuchen aus. Nach den Aufregungen im ersten Teil haben sich Amicia, Brüderchen Hugo, ihre Mutter und ihr Lehrling Lucas auf den Weg in ein beschauliches Städtchen gemacht, wo ihnen der Orden ein Haus zur Verfügung gestellt hat. Unterwegs bleibt sogar noch etwas Zeit für ein paar Kinderspiele, die gleichzeitig auch als Tutorial dienen.
Aber schon nähern sich erste dunkle Wolken. Erst geraten sie einigen Söldnern in die Quere, die gerade ein Dorf und die dazugehörige Burg plündern, wenig später geraten sie in eine Straßenkontrolle und werden für die Plünderer gehalten. Doch sie können noch einmal entwischen und schaffen es schließlich in ihr neues Heimatstädtchen. Nach einem Bummel über den Markt aber befällt Hugo erneut seine seltsame Blutkrankheit. Die Makula meldet sich wieder. Und damit sind auch die Ratten zurück, die den Ort zu Millionen überrollen und die Bewohner töten.
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Ab nach Marseille
Der herbeigerufene Doc des Ordens ist keine große Hilfe. Für ihn ist Hugo ein hoffnungsloser Fall, der nach Marseille gebracht werden soll, wo man ihn dann sterben lassen will, ohne dass er weitere Rattenplagen heraufbeschwört. Und während Amicia und Lucas durch die ratten- und söldnerverseuchte Stadt irren, um Fährmann Joseph zu finden, regt sich Hugo mächtig auf. Mit üblen Folgen für Stadt und Bewohner: Die stürzt komplett ein und reißt viele ihrer Bürger in den Tod.
Die vier schaffen es auf den Kahn von Joseph, der sie nach Marseille bringen soll. Doch Hugo hat andere Pläne. Und ein paar Überfälle, Tote und Wirrungen später machen sich Amicia und Hugo vom Acker, um allein die geheimnisvolle Insel zu finden, wo angeblich ein heiliges Wasser endgültige Heilung verspricht.
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Ambivalente Amicia
Star des Spiels ist erneut die 14 jährige Amicia, die – eigentlich selber noch halb Kind – die Beschützerin und womöglich auch die Retterin ihres kleinen Bruders sein muss. Die Entwickler haben versucht, diese Ambivalenz im Spiel umzusetzen, was aber nicht immer perfekt gelingt. Zwar spielt sie gerne und einfühlsam mit Hugo und ist dann selber ganz Kind, schaltet aber auch schnell in den Berserker-Modus und tötet quasi on-the-fly mal eben ein Dutzend Gegner, ohne das groß zu bedauern. Von Gewissensbissen oder Skrupeln ist da keine Spur. Und nachdem sie schon im ersten Teil zur munteren Serienkillerin mutiert war, setzt sie hier noch einen drauf. Auch dann, wenn sie die Wahl hat, einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen.
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Gameplay: Same procedure
Spielerisch verwendet Requiem prinzipiell dieselben Techniken wie der Vorgänger Innocence, hat diese aber enorm erweitert und verfeinert. Beispiel Schleichen: Gab es in Teil 1 fast immer nur den einen richtigen Weg, den man sich mit Trial & Error erarbeiten musste, gibt’s hier dann oft richtiges Open-World-Feeling, mit großen Arealen, Patrouillenwegen, Versteckmöglichkeiten und zuweilen Dutzenden Möglichkeiten.
Als Hauptwaffe dient wieder ihre Schleuder, die sie mit verschiedenen Munitionstypen füttern kann, um Feinde in Brand zu setzen, Flammen zu löschen, Teerkugeln zu verschießen oder Gegner einzunebeln. Für größere Attacken kann sie auch Tontöpfe mit den Chemikalien tränken.
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Neue Waffen und mehr
Mit der Armbrust hat Amicia nun auch eine zweite, schlagkräftige Waffe zur Verfügung. Da reicht ein Treffer, um einen Gegner zu erledigen. Damit Requiem dann aber nicht zum Shooter wird, haben die Entwickler die Munition arg limitiert: Zum einen kann Amicia – zumindest anfangs – nie mehr als zwei Bolzen gleichzeitig tragen, zum anderen finden sich in der Spielewelt auch kaum welche. Das ist dann mehr eine eiserne Reserve für die ganz harten Nüsse. Allerdings lassen sich auch die Armbrustbolzen mit Chemie aufwerten.
Wozu braucht man das alles? Zum einen natürlich gegen die Söldner, vor allem aber, um mit den Ratten klarzukommen, die hier in alles vernichtenden Rudeln auftauchen. Die nämlich fürchten nur eines: Feuer. Weshalb wir zum einen dafür sorgen müssen, dass in rattenversuchten Gebieten immer ein rettender Feuerschein lodert, zum anderen aber auch zum Beispiel die Fackel eines Söldners löschen können, damit die Ratten ihn angreifen.
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Von Kurbeln und Karren
Das Spiel bietet da auch immer wieder neue Möglichkeiten an, mit dem Feuer zu spielen. So verstärken Teer und Pyrit die Feuerkraft, oder hängen Heuballen an beweglichen Kränen, mit deren Hilfe wir eine Schneise durch die Ratten ziehen können. Oftmals muss man da schon eine Weile suchen und nachdenken, um auf die Lösung zu kommen.Hier und da müssen auch Kurbeln bewegt werden, um den Weg freizumachen. Da hilft es, dass Amicia Lucas Befehle geben kann: Während er zum Beispiel an einer Kurbel dreht, springt sie auf einen Aufzug. Die Koop mit einer KI funktioniert meist recht gut und bietet weitere Lösungsmöglichkeiten an.So manches wiederholt sich aber auch zu oft. Ist ein Vorsprung mal zu hoch, um ihn zu erreichen, so kann man sicher sein, dass irgendwo in der Nähe der immer baugleiche Wagen steht, den wir an das Hindernis schieben müssen, um es zu erklettern. Aber na gut, bei The Last Of Us gab es dafür dann ständig die Räuberleiter – auch nicht einfallsreicher.
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King of the Rats
So richtig abgefahren wird’s, wenn wir Hugos Gedankenkräfte nutzen, um Feinde hinter Mauern zu sehen, oder – noch viel besser – einen Schwarm Ratten (aus der Sicht der Ratten) lenken können, um Gegner abzunagen. Immer wieder überrascht das Game so mit ganz neuen Möglichkeiten, langweilig wird das wirklich nie.
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Technik-Burner…
Nicht nur im Spiel brennt öfter mal ein Feuer, auch die Technik ist der Burner. Ok, das war jetzt eine platte Überleitung, aber manchmal muss das einfach raus. Da sind zum einen die Unmengen von Details, die die Entwickler geradezu liebevoll eingebaut haben. Flatternd flüchtende Hühner, Lavendelblüten und anderes Grünzeug, das sich im Wind wiegt, NPCs, die scheinbar eigenständig agieren und nicht nach Schema F, so wie in anderen Games. All das lässt die Spielewelt unglaublich lebendig erscheinen.
Wirklich eindrucksvoll wird es aber, wenn gefühlt Millionen von Ratten aus dem Untergrund brechen und die Gegend fluten, wild übereinander wuselnd, wie ein einziger Organismus. Und wenn dazu noch – physikalisch korrekt – Burgen und ganze Städte in sich zusammenbrechen, dann weiß man, warum man eine Next-Gen-Konsole da stehen hat.
Auch der Sound ist vom Feinsten und trägt das seine zur stimmigen Atmo bei. Vor allem ist da die deutsche Synchronisation zu loben: Die stimmen passen gut zu den Figuren und klingen verdammt professionell. Vor allem aber nervt die Stimme von Hugo nicht – wie so oft die Voices von kleineren Kindern in Games. Vor allem dann, wenn die von Erwachsenen mit verstellter Stimme gesprochen werden, da könnte ich dann echt k*****.
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… mit kleinen Macken
Einzig die meist fehlende Lippensynchronität stört da ein wenig, aber ok – man kann nicht alles haben. Und das hat man ja nun auch oft bei Games, die nicht Original Deutsch sind. Da kann ich mit leben. Etwas unschön ist allerdings auch, dass auch die etwas leblose Mimik nicht immer synchron ist mit den stimmlichen großen Emotionen – das geht doch sicher noch besser. In die Abteilung „unschön“ gehören für mich auch die unsichtbaren Wände in der Spielewelt. Held*innen, die an kleinen Büschen oder vor kniehohen Zäunen kapitulieren, weil es dahinter nicht weitergehen darf, gehen ja heutzutage gar nicht mehr.
Mein Fazit
Requiem macht da weiter, wo Innocence aufgehört hat und erweitert sowohl den Umfang des Games (genauer – es verdoppelt ihn sogar) als auch die spielerischen Möglichkeiten. Die fein ausgearbeitete Beziehung der Geschwister untereinander, die imposanten Rattenhorden, die oftmals knackigen und originellen damit verbundenen Rätsel, aber auch die klasse Mittelalter-Atmo und die beeindruckende Spielewelt macht A Plague Tale: Requiem – zum Pflichtkauf. Und das ist jetzt – anders als beim Vorgänger – wenig überraschend.
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