1997 - Demonworld

Game: Demonworld
Entwickler: Ikarion
Plattform: PC
Genre: Strategie/Taktik
Release: 1997
                                                                  Endlich mal ein Strategiespiel...
... war mein erster Gedanke, als Ikarion mir mitteilte, dass Demonworld in Planung sei. Bis dahin hatte ich bei Ikarion ja schon alles mögliche unter den Fingern gehabt: Sport (Hattrick), Wirtschaftssimulationen (Mad News, Zeppelin, Caribbean Disaster), einen Flipper (Pinball Wizard) - aber eben noch kein Strategiespiel. Nicht dass ich jetzt ein riesiger Fan von Strategiespielen wäre (ok, das ein oder andere hab ich schon gesuchtet), aber bei der Musik für dieses Genre kann man sich halt mal so richtig orchestral austoben. 

Das Spiel von Ikarion basierte auf dem gleichnamigen Tabletop-Spiel des Oberhausener Unternehmens Hobby Products, die das Game noch bis 2006 produzierten und vertrieben. Ab 2011 übernahm Ral Partha Europe die Rechte und brachte auch die Miniaturen wieder in den Handel. Im Rahmen der Entwicklung des PC-Games schickten mir die Jungs von Ikarion dann auch ein Exemplar des Brettspiels. Jetzt kann ich es ja zugeben: Es steht heute noch unausgepackt im Keller :-) Aber das mit der Musik hat ja dann auch ohne Tabletop ganz gut geklappt, wie ich finde.

Technischer Leiter und Chef-Programmierer bei dem Spiel war Franz Stradal. Er hatte sich Anfang 94 mit dem Prototypen zum Pinball Wizard bei Ikarion vorgestellt und war dann ab Sommer 1995 - als sich Ikarion von Kingsoft abtrennte - fest dabei, allerdings immer noch als Selbstständiger (so wie ich ja auch). Ab 1999 dann wurde er offizielles Mitglied der Firma und Geschäftsführer im Bereich Entwicklung. Franz hat dann später (nach dem Ende von Ikarion) Studio One gegründet und da dann Sacred entwickelt. Aber das ist eine andere Geschichte. Ihm zur Seite stand bei der Programmierung Andreas Molnar - der Mann, der für mich schon seit Jahren die Soundroutinen (Loudness System) entwickelte. Ein Teil der Grafiken stammt von Franz' Frau Frederike - die Welt ist klein :-) Die Gesamtleitung lag bei Marc Oberhäuser, der auch gleich noch für das Leveldesign und die Story - letzteres zusammen mit Norbert Beckers - verantwortlich war. Ja, die Teamgrößen waren damals noch wirklich überschaubar. "Die recht spannende Hintergrundgeschichte ist von epischer Länge und verdient es eigentlich, als Fantasy-Buch veröffentlicht zu werden" - schrieb Manfred Duy später in der PC Games. Good Job, Marc & Norbert.

                                                                                                                                                                                                                  Die Musik zu Demonworld

Bei der Musik zu Demonworld hatte ich fast komplett freie Hand. Wir kannten uns ja nun lange genug bei Ikarion: Die wussten, was sie von mir erwarten durften und ich wusste ungefähr, was sie haben wollten. Zum Glück lagen wir da bei unseren Wünschen und musikalischen Vorlieben auf einer Wellenlänge, so dass ich ungehemmt loslegen konnte. Endlich wieder orchestrale Fantasymusik! Die damals aber nicht ganz so leicht zu komponieren war. Heute gibt es genügend Libraries mit vorgefertigten Pattern und Sequenzen, das ist dann oft schon mehr Malen nach Zahlen; damals musste man noch jeden Ton von Hand setzen. Da war es ganz praktisch, dass ich die Jahre zuvor in Berlin unter anderem Musikwissenschaften studiert hatte und im Rahmen dieses Studium dann auch (glaubt man kaum) viel Tonsatz-, Analyse- und Kompositionskurse belegen musste. So hatte ich eine ungefähre Vorstellung davon, welche Instrumente zusammen gut klingen, wie ihr Tonumfang ist und so weiter. Es gab Kollegen, die damit geprahlt hatten, dass sie nicht einmal Noten lesen könnten. Nun ja.

Als DAW kam auf dem PC bei der Entwicklung der Musik zu Demonworld Micrologic zum Einsatz, die kleine Version von Logic - reichte mir vollkommen. Die Orchesterinstrumente stammten aus den damals angesagten Libraries. Zum Glück schrieb ich damals schon für das Musikmagazin "PC & Musik" (später dann umbenannt in "Music & PC); dort hatte ich eine feste Rubrik zu Sampling CDs und Libraries und konnte mir so Monat für Monat die (ansonsten wirklich schweineteuren) Scheiben kostenlos als Testmuster bestellen. Das hätte ich mir sonst auch gar nicht leisten können - auch wenn Demonworld (wenn ich mich recht erinnere) dann der erste Musikjob war, bei dem ich monatlich einen festen Betrag bekam statt am Ende einen Fixbetrag für das ganze Projekt. So entstanden dann nach und nach insgesamt 13 Tracks (wieder einmal - 13) plus Unmengen von FX (die mal wieder viel mehr Zeit kosteten als die Musik, auch wenn das am Ende niemand merkt).

Bei Demonworld hatte ich auch den Job, die Sprachaufnahmen des Helden Jason Klingor zu produzieren. Als SPrecher konnten wir dafür Matthias Ponnier gewinnen, ein versierter (und damals zumindest recht bekannter) Schauspieler (Tatort, Polizeiruf 110, Derrick, Ein Fall für Zwei), der aber auch eine Menge guter Hörbücher und Hörspiele in seiner Vita hat. Laut Wikipedia ist er sogar der deutschsprachige Sprecher mit den meisten Hörspielen, nämlich sage und schreibe 1046 Stück. Nun haben wir die Sprachaufnahmen aber nicht in einem Profistudio, sondern bei mir zu Hause in meiner selbstgebauten Sprecherkabine gemacht, wo ich zu der Zeit auch meine Beiträge für 1Live, MDR Sputnik, WDR2 und HR XXL produzierte. Soll heißen: Ja, es genügte auch professionellen Ansprüchen, sah aber doch alles eben recht "homemade" aus. Falls der Vollprofi Ponnier sich darüber gewundert haben sollte, so hat er das jedenfalls sehr gut verborgen: Er hockte sich in meine Selbstbau-Kabine (die mit einer Wolldecke verhängt war) und intonierte fast vier Stunden am Stück absolut fehlerfrei seinen Text, der gespickt war mit zungenbrechenden Fantasynamen. Ich war schwer beeindruckt (und schwitzte die ganze Zeit Blut und Wasser, dass ich bei den Aufnahmen keinen Fehler gemacht hatte, denn einen zweiten Durchgang hätten wir uns nicht leisten können; der Mann bekam - völlig zu Recht - in der Stunde fast mehr als ich im ganzen Monat. Qualität hat eben ihren Preis.

                                                                                                                                                                                                                           Darum geht es in Demonworld

"Im Norden grenzt das Imperium an die Eiswüsten von Isthak. Dort herrscht ein grausamer, uralter Dämon. Einst tödlich verwundet müssen ihm jeden Tag zahllose Leben geopfert werden damit er am Leben bleiben kann. Schon lange stürmen die Armeen von Tiermenschen, Eishexen, Dämonen, Untoten und abtrünnigen Ordensrittern gegen die Heere des Imperiums. Mächtige Verteidigungsanlagen können zwar ein Gleichgewicht halten, doch im Gegensatz zu Isthak ist der Nachschub des Imperiums begrenzt. Der Norden muss sicher werden!

Und genau das ist eure Aufgabe in Demonworld: Führt die Expedition an und vernichtet die Anführer der nordischen Horden. Die Missionen laufen dabei immer wie folgt ab: Zuerst eine sehr schön gemachte Einleitung, wie der Feldzug fortschreitet. Dann folgt ein Besuch im Heerlager, dann die Aufstellung der Truppen auf dem Schlachtfeld und die Konfrontation mit dem Gegner. Schnell kommt es dann zum Kampf. Geschosse und Pfeile fliegen durch die Luft, Zauberer werfen mit Sprüche um sich oder beschwören Hilfestruppen, die Kavallerie stürmt über das Feld. Alles präsentiert sich in ordentlicher Grafik, ohne irgendwelche Highlights. Zu Anfang jeder Runde springt man kurz zu jedem Kampf und sieht das Ergebnis dieser Auseinandersetzung. Musik und Sound gehören leider auch nur zum Durchschnitt. Dafür kann der Strategiepart punkten. Die Truppen können unterschiedliche Formationen einnehmen, verschiedene Geschosse verwenden oder magische Gegenstände / Spezialfunktionen benutzen. Manche der Funktionen sind der Einheit fest vorgegeben wie z.B. die Zaubersprüche der verschiedenen Schulen, andere lassen sich durch geborgene Artefakte verleihen. Die Artefakte lassen sich vor der Schlacht im Heerlager verteilen. Hier lassen sich auch Kompanien auflösen, aufstocken oder neu errichten. Dazu gibt es drei „Zähler“ für die unterschiedlichen Heeresteile Provinz, Kaiserreich und Orden. Die Heeresteile werden nochmals unterteilt in Schützen, Infanterie und Kavallerie. Spezialeinheiten wie z.B. den kaiserlichen Drachen lassen sich nicht auflösen. Jede der Einheiten hat Werte für Panzerung, Bewegung, Angriff, etc. welche sich im Laufe der Zeit verbessern. Sehr wichtig ist der Wert für Moral. Durch eigene Verluste oder den Kampf gegen grauenvolle Gegner nimmt dieser Wert ab und irgendwann flüchtet die Einheit. In den Rollenspielmissionen ändert sich dies. Anstatt mit einer ganzen Armee nimmt man den Kampf mit wenigen Helden / Soldaten auf und versucht Gefangene zu befreien oder Anführer des Feindes zu töten. Hier ist die Grafik detailierter und zeigt auch mehr Einzelheiten von der Umgebung. Leider bekamen die Figuren alle einen ziemlich scheppernden Sound. Die Geschichte wird vor jeder Mission aus einem Buch vorgelesen. Neben dem reinen Text enthält das Buch eine Vielzahl gut gemachter Zeichnungen, welche sich teilweise auch in dem Truppenbüchern wiederfinden. Am Ende jedes Teilfeldzuges kann jeweils eine kurze Rendersequenz bewundert werden. Ein Manko ist die mangelnde Intelligenz des Computers. Oftmals verstreut dieser seine Armee und wird ein leichtes Opfer der eigenen Artillerie. Ein konzentrierter Angriff wäre oftmals erfolgreicher. Glücklicherweise darf man auch gegen menschliche Gegner antreten, die dann besser spielen."

Quelle: The Legacy (http://www.thelegacy.de/Museum/1042/)

                                                                    So urteilte damals die Presse
"Fest steht: Demonworld ist ein wahrlich phantastisches Hexagonstrategiespiel — grafisch ungewöhnlich repräsentativ, mit durchdachter Steuerung, und dank des verständlich geschriebenen Handbuchs und des überschaubaren Regelwerks auch für Einsteiger gut geeignet. Wen Fantasy General halbwegs gefesselt hat, der sollte sich Demonworld nicht entgehen lassen — Sie sind am Zug!" - PC Games, Oktober 1997, 81%
"Demonworld bringt neuen Schwung in das festgefahrene Spielgenre! Für Strategie und Taktik Fans (aber auch Strategiemuffel) ist Demonworld sicherlich ein ganz heißer Tip." - Gamesmania, 1997 - 85%
"Eine halbe Stunde habe ich gebraucht, um die Sache mit den Formationen und Nahkämpfen zu kapieren. Von da an konnte ich mich kaum noch von Demonworld lösen: Selten gab es ein liebevoller designtes, stimmungsvolleres Taktikspiel. Auch nach zig Spielstunden schaue ich meinen Märchenkriegern zu, wie sie um die eigene Achse schwenken und mutig gegen Drachen vorrücken. Kampagne heißt hier mehr als nur das lineare Abarbeiten von Einzelszenarios, und jede Schlacht erfordert eine andere Vorgehensweise. Zwar spielt sich Demonworld nicht ganz so locker vom Hocker wie etwa Pazifik Admiral, dafür stecken enorme Finessen in der Schlacht-Simulation." - GameStar, September 1997, 84%
"Demonworld wird sicherlich nicht nur die Freunde des gleichnamigen Brettspiels ansprechen. Denn das atmospährische Geschehen wurde mit seinen über 60000 Animationen insbesondere für Genreverhältnisse sehr ansprechend in Szene gesetzt. Das Spielgeschehen ist reich an taktischen Finessen und dürfte selbst Hardcore-Strategen zufrieden stellen - zumal der Gegner sehr geschickt agiert. Die recht spannende Hintergrundgeschichte ist von epischer Länge und verdient es eigentlich, als Fantasy-Buch veröffentlicht zu werden." - PC Player, Oktober 1997, 80% 

Hier geht es zum kompletten Review:
"Wie schon im vorigen Heft angedeutet. wird sich die Spielerschar von Demonworld in zwei Lager spalten. Die einen wähnen sich im siebzehnten Himmel, für sie könnte keine Wertung hoch genug sein. War schon das Tischspiel-Original von Fanpro eine Augenweide und Garant für unausgeschlafene Montagmorgende, kann die digitale Ausührung des Schwerter- und Zauberer-Epos seinerseits durch Optik und Vielfalt bestechen. Die andere Fraktion mag den Vergleich mit anderen Hexfeldstrategien ziehen, da bietet sich ein solides, wenn auch sehr speziell ausgelegtes Spiel. Für so manchen könnte das eher langsame Autbauen der Schlachtenformation, die überfließende Anzahl an Varianten und Zusatzausstattungen eher abschreckend als anziehend wirken. Man benötigt wirtlich ein gerüttelt Maß an Geduld und Hingabe, um aus Demonworld langanhaltendes Vergnügen zu ziehen. Für Stimmung sorgt der durchweg gelungene, sehr dramatische Soundtrack. der einen in die Fabelwelt des Frühmittelalters förmlich hineinzieht." - Power Play, Dezember 1997, 79% (Sound: 82%)

Hier geht es zum kompletten Review:

                                                                                                                                                                     Demonworld Intro

                                                                                                                                                          Demonworld Soundtrack

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