Jahresrückblick 2019 Q1
Zombies, Hochwasser und recycelte Furcht
Nachdem wir in unserem Jahresrückblick 2019 vor ein paar Tagen das erste Quartal abgefrühstückt hatten, widmen wir uns nun den Monaten April bis Juni. Der Zeitraum um Ostern herum ist ja gametechnisch traditionell gut besetzt; neben dem Weihnachtsgeschäft von Mitte September bis Mitte November ist das die Hoch-Zeit der Spiele-Industrie.
War das 2019 jetzt auch so? Was waren die Überraschung und die Hits, was die Enttäuschungen und die Flops? Werfen wir also mal einen Blick zurück und erinnern uns.
Anno 1800
Die Highlights im April: Anno, Prügel und ein alter Bekannter
Weihnachten fiel für die Aufbau-Strategen am PC 2019 in den April. Da nämlich erschien endlich, nach 4 Jahren Entwicklungszeit, Anno 1800, was ja so etwas wie die Mutter aller Aufbauspiele ist. Nach 2070 und 2205 gings wieder zurück zu den Wurzeln - und damit kam die alte Magie zurück. Das neue Klassensystem, neue Produktionsketten und Expeditionen, dazu die detailverliebte, lebendige Welt - einfach klasse. Das wird die nächsten Jahre klar die Numero Uno des Genres sein.
Wesentlich actionreicher ging es da - ebenfalls im April - im Prügler Mortal Kombat 11
zu, ein fantastisches Umfangmonster, mit einem gut spielbaren Kampfsystem, bei dem sowohl Anfänger als auch Profis auf ihre Kosten kamen, mit einer fantastisch inszenierten Kampagne, spaßigen Fatalities und exzellenter Technik. Es war trotz einiger Ungereimtheiten und kleinen Ärgernissen wie die nervigen Mikro-Transaktionen das bisher beste Mortal Kombat.
Richtig schön war im April dann ja auch noch die Neuauflage des Warcraft-Erstlings von 1994. Good Old Games aka GOG durfte sich den Verdienst anrechnen, Teil 1 und 2 der legendären Klassiker kopierschutzfrei zum Taschengeldpreis wiederzubeleben. Was alte Spielesäcke wie ich es einer bin ja dann richtig glücklich gemacht hat. Hat man sich an die museumsreife Technik erst einmal gewöhnt, können einen die beiden wieder auferstandenen Warcraft-Teile auch heute noch packen.
Days Gone
Enttäuschung auf hohem Niveau
Ein wenig enttäuscht - wenn auch auf hohem Niveau - war ich ja vom PS4-exklsuiven Action-Adventure Days Gone. Das war beileibe kein hirnloser weiterer Zombieshooter, sondern ein vielseitiger Action-Survival-Rollenspiel-Mix, mit einer riesigen schönen Spielwelt, mit guten Geschichten, vielschichtigen Figuren und endlich wieder Mopped fahren. Aber auch mit schwacher Gegner-KI, schlecht positionierten Speicherpunkten und dem komischen siebten Sinn. Insgesamt zwar nicht der erhoffte Jahrhunderthit, aber auch weit mehr als nur ein weiteres Open-World-Zombie-Game.
Die Flops im April: Viele Zombies, wenig Abwechslung
Echte Flops gab es im April eigentlich nicht, zumindest fällt mir da keiner ein. Allerdings hatte ich mir vom Zombie-Slasher World War Z
doch deutlich mehr versprochen. Zwar waren die sich drängelnden und türmenden Zombiehorden der absolute Knaller, außerdem sorgten die Klassen und Skilltrees für einen Extra-Motivationskick. Fehlende Abwechslung, platte Story und technische Macken verhinderten aber höhere Wertungen des leidlich spaßigen Zombie-Koop-Shooters.
Rage 2
Die Highlights im Mai: Shooter, Mittelalter, ein Bordcomputer und ein Krimi
Im Mittelpunkt des allgemeinen Gamer-Interesses stand der Shooter Rage 2. Als Shooter war der zwar ein brachialer Riesenspaß voller irrer Ideen und Tempo; der Rest aber - wie Story, Nebenaufgaben oder Open-World-Aktivitäten fiel dagegen deutlich ab und wirkte fast schon ein wenig gezwungen - da verschenkte das Game einiges an Möglichkeiten. Wer einfach nur mal eine Runde fett rumballern und dabei seinen Spaß haben wollte, kam auf seine Kosten, alle anderen waren da aber wohl eher ein wenig enttäuscht.
Wesentlich besser gefallen hatte mir da schon A Plague Tale: Innocence, ein Action-Adventure, das im finstersten Mittelalter spielt, inklusive Pest und Krieg. Spielerisch war der Schleicht-Action-Mix zwar limitiert, aber dafür gab es starke Figuren, eine tollen Atmo und eine wunderbare Geschichte mit mehr Emotionen als in Titanic und Love Story zusammen, die einen richtig packen und in eine Achterbahn der Gefühl stecken konnte. Für mich eine der größten Überraschungen des Spielejahres 2019.
Fast genauso gut gefiel mir das Sci-Fi Puzzle-Adventure Observation. Games, die mit einem Unfall auf einer Raumstation beginnen, sind ja fast immer vorhersehbar. Hier aber steuerten wir den Bordcomputer, um die Astronautin zu retten. Eine Story mit fetten What the Fuck-Momenten, tolle Darsteller und eine dichte, überzeugende Atmo ließen Fans von Kubricks 2001 - trotz gelegentlicher spielerischer Durchhänger - voll auf ihre Kosten kommen.
Blood & Truth
Ende Mai gabs dann noch eine Überraschung: Der Action-Krimi Blood & Truth
entpuppte sich doch tatsächlich als das bis dahin beste Game für die PSVR ever. Das war allerfeinstes, fantastisch inszeniertes Actionkino zum Selberspielen - und auch ohne größeren Tiefgang extrem unterhaltsam. Damit konnte man seinen lästernden Kumpels endlich beweisen, warum man sich das Headset für die Playsi damals überhaupt gekauft hatte.
Weitere Highlights im Mai 2019: Die Konsolenversion des Indie-Horror-Action-Adventures Darkwood
mit seiner beklemmenden Atmo und die Switch-Version von Assassins Creed 3, das zwar optisch nicht groß remastered war, aber spielerisch auch auf der Hybridkonsole überzeugte.
Die Flops im Mai: Recycelte Furcht
Echte spielerische Katastrophen gab es auch im Mai nicht. Enttäuscht war ich lediglich von Layers of Fear 2. Das hatte zwar spielerisch mehr zu bieten als sein Vorgänger, schleppte aber ansonsten bezüglich Horror und Story mutlos zu viel Recyclingmaterial mit und nervte mit unfairen Trial & Error-Passagen.
F1 2019
Die Highlights im Juni: Ein Klempner, viel PS, Hochwasser und eine Banane
Der es nach all den guten Games im Mai gar nicht so leicht hatte. So dauerte es dann auch bis fast zum Monatsende, bis er doch noch zwei Highlights aus dem Ärmel schüttelte. Zum einen war das der Super Mario Maker 2
für die Switch, mit mehr Themes, mehr Bauteilen, mehr Möglichkeiten, mehr Musik, dazu noch einer Story-Kampagne. Trotz kleinerer Minuspunkte wie der etwas chaotische Multiplayer war es DAS Spiel für die einsame Insel, bei dem sich Eure Retter dann gerne auch ein paar Jahre Zeit lassen durften.
Juni-Highlight Nr. 2 ganz klar: Der Racer F1 2019. Mehr Umfang, ein ordentlicher Storymodus, die Integration der Formel 2, eine noch mal verbesserte Grafik und eine Fahrphysik, die perfekt auf dem schmalen Grat zwischen Anspruch und Spaß wandelte: Das war klar das beste F1 seit vielen Jahren.
Ebenfalls gegen Ende des Monats gab es dann noch das packende Open-World-Adventure The Sinking City. Der Mix aus Detektivspiel und Horror war in einem ungewöhnlichen Szenario angesiedelt und punktete vor allem durch Story, Atmo und Rätsel. Auch wenn Horror und Technik da zuweilen doch arg humpelten, war es doch ein leidlich schönes Game für alle Lovecraft-Fans und Hobby-Detektive.
Wenn ein Entwicklerstudio schon Deadtoast Entertainment heißt, darf man getrost auch skurrile Spiele erwarten. Wie zum Beispiel das cartoonige Actiongame My Friend Pedro, in dem eine fliegende Banane die Hauptrolle spielte - und das auch sonst auf dem schmalen Grat zwischen Irrsinn und Psychotrip wandelte. Der Trashstory standen gute Rätsel und eine Prise Max Payne zur Seite. Ein herrlich schräger Spaß.
Fazit
Auch im zweiten Quartal 2019 gab es wieder einen ganzen Batzen guter Games, während sich die Zahl der Vollgurken erneut im überschaubaren Rahmen hielt. Damit hatten wir dann ausreichend Material für die dürren Sommermonate. Oder fiel die übliche Sommerflaute 2019 aus? Das erfahrt ihr im nächsten Podcast - dem Spiele-Rückblick zum dritten Quartal.