The Witcher 3 (Switch)
Machs noch einmal, Geralt!
Spiel des Jahres, bestes Rollenspiel des Jahres, Deutscher Computerspielpreis, Steam Award, Game Developers Choice Award und Dutzende mehr: Ja, „The Witcher 3: Wildhunt“ war 2015 mit Preisen überhäuft worden. Und das völlig zu Recht. Damals für PC, PS4 und Xbox One erschienen, wird nun - gut vier Jahre später - auch eine Version für die Nintendo Switch nachgereicht. Nun klingt die Idee, dieses Monstrum von Spiel in ein derart kleine Kiste zu packen, schon reichlich ambitioniert. Da wurde doch sicher an allen Ecken und Enden gekürzt und gestrichen. Oder doch nicht?
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Kleines Vorwort
Trotz der beeindruckenden Verkaufszahlen - nach zwei Wochen waren bereits vier Millionen Exemplare verkauft - also, trotz dieser Zahlen soll es ja noch immer Menschen geben, die Geralt von Riva nicht kennen und keinen Plan haben, worum es in Witcher 3 eigentlich geht. Übrigens: Im Original heißt „The Witcher 3: Wildhunt“ dann „Wiedźmin 3: Dziki Gon“. Klingt komisch, ist aber so. Weil - das Entwicklerstudio CD Project Red kommt ja aus Polen, und auch die Buchverlage stammt von einem polnischen Autor, nämlich von Andrzej Sapowski. Das nur, falls Euch der olle Jauch mal danach fragen sollte, man weiß ja nie. Geralt, du coole Sau!
Held des Spiels ist - wie auch schon in den ersten beiden Teilen - der Hexer Geralt von Riva, ein professioneller Monsterjäger und mal so eine richtig coole Sau. Synchronisiert übrigens von gleich zwei Sprechern (warum auch immer): In der normalen Version von Herbert Schäfer (der auch Commander Shepard in Mass Effect spricht), in der Enhanced Edition von Oliver Siebeck. Und beide machen ihren Job einfach großartig.
Zu Geralt selber: Der ist mindestens 2 Meter groß, muskulös und mit Narben übersät, das lange graue Haar meist zum Pferdeschwanz gebunden, geht keiner Auseinandersetzung aus dem Weg und ein Frauenheld der alten Schule, der keiner Romanze verschmäht - und davon dann in Witcher 3 auch wieder reichlich hat. Wobei dann auch mit expliziten Darstellungen nicht gegeizt wird. Und wenn wir gerade schon bei „explizit“ sind. Auch bei der Sprache und beim Thema Gewalt geht es ordentlich zur Sache. Deshalb auch „ab 18“.
Die Story und die Wilde Meute
Es herrscht Krieg. Das Nilfgaarder Imperium ist unter seinem Anführer und Kaiser Emhyr var Emreis in die Nördlichen Königreiche einmarschiert und hat bereits weite Teile erobert, bevor der Feldzug aber ins Stocken gerät. Das Land ist verwüstet, die Bevölkerung leidet unter den Folgen des Krieges - und unter den marodierenden Banden, die die Wälder unsicher machen. Tod, Krankheiten, Hunger, Angst, Verfolgung, Flüchtlinge überall - das Spiel zeigt gekonnt die hässliche Fratze des Krieges, ohne ihn zur Kulisse zu degradieren.
In diesem Durcheinander sucht Geralt erst seine Ex-Geliebte, die Magierin Yennefer. Die wiederum berichtet ihm, dass seine Ziehtochter Ciri in großer Gefahr sei. Eine mysteriös-finstere Meute namens „Die wilde Jagd“ - genau, daher der Titel „Wild Hunt“ - ist hinter ihr her. Geralt muss sie auf jeden Fall vor den dunklen Häschern finden, um sie zu retten. Aber was wollen sie von ihr? Was wollen sie überhaupt? Und wer steckt hinter der Wilden Jagd? Sind sie am Ende vielleicht sogar noch eine größere Bedrohung als der gerade tobende Krieg? Ist gar die Menschheit in Gefahr?
Viele kleine Geschichten
Das ist die eine, große Geschichte, die alles zusammenhält, der rote Faden, der mit unzähligen Verwicklungen, Abzweigungen und Überraschungen durch das Spiel mäandert. Wer es darauf anlegt und alles andere links liegen lässt, wer die wunderbaren Dialoge wegklickt und sich auch sonst nicht weiter aufhält, der schafft The Witcher 3 in rund 25 Stunden, ist aber ein Depp. Denn zusätzlich erzählt The Witcher 3 für seine tollen Nebenquests noch hunderte weitere Geschichten, mal spannend, mal skurril, mal witzig, mal kurz und knapp, mal episch - aber eine besser und großartiger als die andere. Hexer Veteranen erinnern sich gerne an die Jungfer Heidelbeer, an den sich selbst teleportierenden Zauberturm oder an das Geheimnis des blutigen Barons. Geschichten, die man auch nach Jahren nicht vergisst.
Was macht „The Witcher 3“ so besonders?
Riesige Spielewelten? Haben andere Games auch. Aber keine wirkte bisher so authentisch und glaubwürdig, war so schön und mit so vielen kleinen überraschenden Details gefüllt. Da möchte man am liebsten Urlaub machen. Wenn es etwas besser riechen würde.
The Witcher 3 hat mitreißende Kämpfe gegen immer andere Gegner, klasse geschriebene Dialoge, Magie und Zauberei, zahllose Nebenbeschäftigungen wie Handwerk, Pferderennen oder Kartenspiele und lebensechte Figuren mit Gefühlen. Seine Welt ist schmutzig, voller Gewalt, Hunger und Rassismus - und doch so bunt. Und es fordert Entscheidungen, deren Auswirkungen man meist erst viel später bemerkt.
Die Switch-Version
Und all das - womit wir jetzt also endlich bei der neuen Switch-Version wären - danke an alle, die bis hierhin durchgehalten haben - all das finden wir auch auf der Nintendo-Hybridkonsole wieder. Da wurde keine Storyline weggelassen, keine Dialogzeile gekürzt. Und auch das komplexe Fertigkeits- und Alchemiesystem hat es komplett auf die Switch geschafft - und sogar die beiden DLCs „Hearts of Stone“ und „Blood and Wine“ sind von Anfang an mit dabei und können (nochmal: sogar) unabhängig vom Hauptspiel gestartet werden. Da ist es fast schon selbstverständlich, dass es das alles ungeschnitten gibt.
Lediglich technisch müssen wir mit einigen Abstrichen leben. Ist ja auch klar, die Switch ist nun mal keine PS4 oder kein potenter PC. Auf dem Bildschirm gibt’s 720p, auf dem Handheld noch 540p. So wirkt alles etwas unschärfer, ein paar Texturen machen es wie ich früher in der Schule und kommen zu spät und die Kanten flimmern - wie schon auf den anderen Plattformen - mitunter wie ein Bergsee in der Abendsonne. Aber irgendwie stört das gar nicht weiter, denn auch so ist dann immer noch mit das Beste, das je auf der Switch zu sehen war. Nie zuvor wirkten auf dem kleinen Bildschirm Landschaften zu fantastisch, Städte so einladend.
Fazit
Wer eine Switch hat, kauft sich dieses Game, basta. Weil: Mehr Game geht nicht auf der Switch. Atmosphäre, Questdesign, Story, Umfang, Charaktere - alles perfekt. Dass man das beste Rollenspiel ever jetzt auch unterwegs spielen kann, ist einfach großartig. Da lohnt der Kauf auch für die, die den Geralt vor Jahren schon mal gespielt hatten. Auf ein freudiges Wiedersehen!